Pressemeldungen


13. September 2013:

Wasser predigen und Wein trinken
Wie der öffentlich-rechtliche ORF in Wien als Privatunternehmen den Küniglberg saniert

Am 3.9.2013 um Punkt 12 Uhr war Abgabeschluss einer nicht einmal vier Wochen vorher veröffentlichten Ausschreibung, mit der die Arbeiten zur Renovierung und zum Ausbau des ORF Standortes am Wiener Küniglberg vergeben werden sollen. Die Liste der an diesem Verfahren teilnehmenden PlanerInnen liegt uns natürlich nicht vor – sie wird aber in jedem Fall exklusiv sein und den einen oder anderen bekannten Namen enthalten. Denn als Referenzen zählten – um nur zwei brisante zu nennen - Jahresumsätze von weit über 10 Millionen Euro in den letzten drei Jahren und der Bau eines Veranstaltungszentrums mit Genehmigung für über 900 BesucherInnen. Effekt: 99,9 Prozent der österreichischen Architekturbüros sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Wir finden – das ist „rein rechtlich“ vielleicht machbar – aber „öffentlich-rechtlich“ eine Sauerei. Interessant erscheint Eingeweihten auch die Tatsache, dass der ORF die Vergabe als Privatunternehmen durchführen möchte. Na was nun – öffentlich-rechtlich kassieren und privat ausgeben?

Die „rein rechtliche“ Einspruchsfrist ist mittlerweile abgelaufen. Dennoch fordern wir den ORF – natürlich als „privaten Auftraggeber“! - auf, das Verfahren zu überdenken, vor allem eine Trennung der Vergabe der Sanierung des Altbestandes von der Vergabe der Neubauten zu ermöglichen. Sonst führt dies, falls der ORF sich nicht doch eines Besseren besinnt, zu einer zwar mittlerweile gewohnten, aber nicht weniger unkreativen Einschränkung der Arbeiten der Architekturschaffenden an den Neubauten.

Falls sich der Aufschrei der 99,9 Prozent in Grenzen halten sollte, wundern Sie sich nicht. Irgendwie geht der Überraschungseffekt über solch unfaire Ausschreibungen für einen eingeschränkten TeilnehmerInnenkreis gegen Null. Sie gehören nämlich zur Tagesordnung. Im Übrigen sind wir der Meinung, das Vergabegesetz möge reformiert werden und rechtlich ermöglichen, dass der Zugang zur Erbringung von Planungsleistungen wieder öffentlich ist.